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Betteln - Ein schwieriges Thema

Obwohl es sie überall gibt, sind sie dennoch nirgendwo gern gesehen. Die Bettler und Bettlerinnen sind ein fester Bestandteil von jedem Stadtbild. Sie führen uns die Armut und die Lücken in unserem System vor Augen.

Betteln war schon immer ein mit Vorurteilen belastetes Thema, aber seitdem immer mehr Menschen aus den osteuropäischen Ländern nach Mitteleuropa kommen, um zu betteln, verschärft sich die Situation. Bei wenigen Themen ist die Macht der Medien so stark zu spüren wie bei diesem. Eine sachliche Diskussion ohne die Kriminalisierung und Verurteilung der Bettler ist fast nicht mehr möglich. Sogar die Politik vertraut oftmals blind auf die weit verbreiteten Unterstellungen und die Mythen und beschließt diverse Bettelverbote. Aber ist es als wohlhabende Wirtschaftsmacht in der europäischen Union vertretbar, das Problem durch die Vertreibung der Bettler aus unseren Städten zu lösen?

Wenn man sich genauer mit dem Thema beschäftigt, und sich sachkundige Arbeiten von Sozialwissenschaftlern durchliest, merkt man schnell, dass es vor allem um die Menschen und ihre Geschichten gehen sollte. Die meisten reisenden Bettler, in den mitteleuropäischen Städten, kommen momentan aus Rumänien und Bulgarien. Wenn man sich mit der Situation in ihrem Herkunftsland beschäftigt, muss man erkennen, dass ihre Reise nach Mitteleuropa eine Hoffnung auf ein besseres Leben war. Der Grund, weshalb sie ihre Heimat, ihre Familie und ihr gewohntes Umfeld verlassen, ist, dass sie in ihrer Heimat keine Arbeit finden, ausgegrenzt oder verfolgt werden. Die Sozialhilfen sind dort generell extrem gering und vor allem für Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen sichern sie nicht das Überleben. Diese Reise ist für sie also ein letzter verzweifelter Schritt; ihre Überlebensstrategie.

Dass diese Menschen sich dann bei uns in gewissen Gruppen organisieren erscheint logisch, denn es ist ein natürliches Bedürfnis, unter Menschen zu sein, die die gleiche Sprache, Kultur, Mentalität und das selbe Schicksal teilen. Wenn man sie in diesen Gruppen sieht, schwirren einem sofort verschiedene Schlagzeilen durch den Kopf. Man denkt vielleicht an organisierte Kriminalität. Wenn man sich aber die Zeit nimmt und hinter die Fassade schaut, fällt einem schnell auf, dass es sich bei diesen Gruppen nicht um unterdrückte und von jemand anderem zum Betteln gezwungene Menschen handelt, sondern lediglich um den Zusammenschluss von Menschen mit einer ähnlichen Geschichte.

Betteln ist kein leichtes Thema, denn es gibt wenige fundierte Informationen und wenige Menschen beschäftigen sich ernsthaft mit dem Schicksal der Bettler.
Es ist eine Herausforderung für unsere Gesellschaft, denn wir können wahrscheinlich nicht mit unseren tagtäglichen Spenden die Situation in ihrer Heimat verbessern. Aber wir können die einzelnen Menschen mit ihren persönlichen Schicksalen wahrnehmen, sie mit einem Blick, einem Lächelns oder einer kleinen Spenden würdigen und ihnen respektvoll gegenüber treten.

Anne Kugener, Freiwillige des EVS, 2015


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